karawankengrenze.at

 

Dokument 264  >

Bericht der Reichspropagandaleitung über die Sonderpropagandaaktion in Gorenjsko[1]

1
AIZDG, RPA Kärnten - Zweigstelle Veldes, Bd. 1, (8 S.).
2
Josef Göbbels.
3
Siehe Dok. Nr. 230, 236 u. 238.
4
Für Äusserungen des Chefs der Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains über die Loyalität der Slowenen siehe Dok. Nr. 267.
5
Siehe Dok. Nr. 263.
6
Dr. Karl Lapper. Über die für die obengenannte Sonderpropagandaaktion in Gorenjsko (Oberkrain) gebrauchte Mittel siehe die Dokumentation im BA Koblenz, RPM, R 35 DC/vorl. 136.

Reichspropagandaleitung
Sonderaktion Oberkrain.

Veldes, den 28. September 1942

An den
Chef des Propagandastabes
Pg. Wächter
Reichspropagandaleitung
Berlin W8
Taubenstrasse 10

Betrifft: Sonderpropagandaaktion Oberkrain, vom 29. Juli bis 1. Oktober 1942.

Lieber Pg. Wächter!

Über Auftrag des Herrn Reichsleiters und Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda[2] habe ich zusammen mit Reichshauptstellenleiter Pg. Merklein am 29. Juli 1942 mit der Durchführung der Sonderpropagandaaktion in Oberkrain begonnen.

Nach Aussprache mit dem Gauleiter und Reichsstatthalter von Kärnten, Pg. Dr. Friedrich Rainer, den für Oberkrain zuständigen Kreisleitern und den massgebenden Persönlichkeiten der Polizei aller drei Sparten, sowie der Dienststelle des Chefs der Zivilverwaltung, war ich am 30. Juli 1942 in der Lage, mir folgendes Bild über die in Oberkrain herrschenden Verhältnisse zu machen:

Der Kampf der Banditen war ein sehr intensiver, der die Exekutive zwang, zu den schärfsten Massnahmen zu greifen.[3] Die bis Ende Juni in Oberkrain stationierten Polizeikräfte reichten nicht aus, das Bandenunwesen umfassend zu bekämpfen. Es war erforderlich, die Polizeikräfte Oberkrains in erheblichem Masse zu verstärken. Diese Massnahme des Reiches stiess zu dem genannten Zeitpunkt bei der Bevölkerung Oberkrains auf wenig innere Bereitschaft. Bis zum 1. Juli 1942 war die Situation eigentlich so, dass auf Grund des Terrors der Banditen und der abwartenden, ja zum Teil direkt staatsfeindlichen Haltung der Bevölkerung Oberkrains, die Exekutive gezwungen war, am 2. Juli 1942 über Oberkrain den Ausnahmezustand zu verhängen und den Plan zu fassen, mit den schärfsten Mitteln sowohl gegen die Banditen als auch gegen die Bevölkerung vorzugehen. Die Exekutive war in der Lage, nachzuweisen, dass das Zunehmen des Bandenunwesens nur durch eine umfassende Tal-Organisation möglich war. Neben einer verstärkten Bandenbekämpfung bestanden die Gegenmassnahmen der Exekutive in der Aussiedlung staatsfeindlicher Elemente, Festnahme und Erschiessung von Geiseln, Niederbrennung jener Gehöfte und Siedlungen, die den Banditen als Unterkunft dienten. Auf diese Weise versuchte man die Bevölkerung zur Abkehr von den Banditen zu zwingen.

Der Terror der Banditen einerseits und die Massnahmen der deutschen Exekutive andererseits versetzten die Bevölkerung Oberkrains in einen dauernden Angstzustand und in eine erhebliche Unsicherheit.

Nach diesen Feststellungen sah ich auf Grund der politischen Konstellation den Sinn der Propaganda darin, einerseits eine Spaltung zwischen den Banditen und der bodenständigen Bevölkerung Oberkrains herbeizuführen, andererseits das Vertrauen zur deutschen Führung herzustellen und systematisch zu steigern! Um dieses Ziel zu erreichen war es notwendig, die scharfen Massnahmen der Exekutive geschickt zu begründen, die Erfolge der in der aktiven Bekämpfung der Banditen eingesetzten deutschen Verbände propagandistisch auszuwerten und die politischweltanschauliche Propaganda auf den Nenner zu bringen: »Die Banditen, als die Handlanger Stalins, sind die Verfechter des Bolschewismus und damit jene verbrecherischen Elemente, die Oberkrain der totalen Vernichtung preisgeben wollen«.

Dieser Parole gegenüber stand die geschickte und intensive Propaganda der Partisanen: Freiheitskämpfer für ein nationales Slowenien, die bewaffnete Kerntruppe der »Osvobodilna fronta« (Befreiungsfront) zu sein.

Feststellungen rein weltanschaulicher Art, bezw. eine Propaganda im Sinne weltanschaulicher Schulung und Unterrichtung, wie sie vor meinem Sondereinsatz vorwiegend betrieben wurden, sind sowohl an der slowenischen Intelligenz, wie an der bäuerlichen Bevölkerung und der Arbeiterschaft Oberkrains als Nazi-Phraseologie wirkungslos verpufft und damit ohne Erfolg geblieben. Es galt demzufolge einen neuen Weg in der Propaganda einzuschlagen. Dieser bestand einmal in einer kurzen und prägnanten Sprache, damit automatisch im Abweichen von der vorgefundenen Methode der Broschürenherstellung und zum zweiten in der Aufwertung von Tatsachen und einleuchtenden Vergleichen. Die Möglichkeit einer Anlehnung an die Propaganda im Altreich oder anderen besetzten Gebieten war kaum gegeben und ist in absehbarer Zukunft auch nicht möglich. Jede propagandistische Massnahme muss in diesem Land mit den Verhältnissen in Oberkrain in Zusammenhang gebracht werden. Dazu ist es erforderlich in der Propaganda eine ganz eigene Sprache zu führen, in Wort und Bild die Mentalität der Bevölkerung, wie auch ihr hochstehend kulturelles Niveau weitgehendst zu berücksichtigen.

Es war daher nicht möglich, nach dem mir vom Propagandaministerium übergebenen Plan zu arbeiten. Ich war auch beispielweise nicht in der Lage, mit den mir vom Propagandaministerium zur Verfügung gestellten 4 Dioramen eine »antibolschewistische Kleinausstellung« in Oberkrain durchzuführen. Die gelieferten 4 Dioramen allein waren in ihrer Art für das slowenische Volk zu primitiv. Die Ausstellung hätte grössere Ausmasse annehmen müssen. Hierzu war aber aus verkehrstechnischen Gründen und infolge der örtlichen Verhältnisse (Ausnahmezustand, Sperrstunde, Verbot des Besuchens von Lokalen usw.) keine Möglichkeit gegeben. Das seitens des Ministeriums in Vorschlag gebrachte antibolschewistische Schriftenmaterial war in seiner Haupttendenz auf Grund der verschärften Massnahmen der deutschen Exekutive (Geiselerschiessungen, Niederbrennung von Gehöften usw.) ebenfalls für Oberkrain ungeeignet. Darum musste auch die Broschüre »Der Untermensch«, um für Oberkrain überhaupt propagandistisch wirkungsvoll zu werden, eine erhebliche Abänderung erfahren. So war es beispielweise notwendig, neue Begleittexte zu schreiben, bestimmte Bildseiten zur Gänze wegfallen zu lassen und sie durch ein Bildmaterial aus Oberkrain als Vergleich zur sowjetischen Kolchosen-Wirtschaft zu ergänzen. Diese Abänderungen verzögerten den Druck der Broschüre wesentlich, sodass ihre Verteilung im Rahmen der Sonderpropagandaaktion nicht mehr möglich war.

Ich war also gezwungen, zu jenen Propagandamitteln zu greifen, die aufgrund der gegebenen Verhältnisse die erfolgversprechendsten waren. Diese waren:

Plakate in Wort und Bild, (u. a. ein Mjölnir-Plakat), Flugblätter, Presseartikel, Einsatz von Lautsprecherwagen als Ersatz für die in Oberkrain eingezogenen Rundfunkgeräte, Diapositive in den Lichtspieltheatern, farbige Postkarten, Strichzeichnungen, Klebezettel und die sehr erfolgreich in ganz Oberkrain durchgeführten Versammlungen mit den slowenischen Alt-Soldaten der ehemaligen österreichischungarischen Armee. Die Versammlungen wurden seitens der Alt-Soldaten und deren Familienangehörigen ausserordentlich gut besucht. Vor und nach diesen Versammlungen wurden an die Alt-Soldaten Bücher über das Neue Deutschland und die Wehrmacht der Grossdeutschen Reiches verteilt. Die Arbeiterschaft wurde unter Einschaltung des DAF.-Apparates durch eine schlagkräftige Betriebspropaganda, die während des Sondereinsatzes von mir gestaltet wurde, erfasst.

Mit diesen Propagandamitteln, von denen ich je ein Belegexemplar meinem Bericht zur Einsichtnahme beifüge, wurde die gesamte Bevölkerung Oberkrains 8 Wochen hindurch in intensivster und von Woche zu Woche sich steigernder Form angesprochen.

Dank der einheitlichen Abstimmung aller Massnahmen seitens der politischen Führung, der Propaganda und der Exekutive, war bereits nach 4 Wochen ein spürbarer Wandel in der Einstellung und Haltung der Bevölkerung Oberkrains zum Deutschen Reich spürbar. Das Vertrauen der Bevölkerung zur deutschen Führung kehrte allmählich zurück. Die Loyalitätserklärungen der Bevölkerung nahmen mehr und mehr zu und darüber hinaus konnte ein beachtliches Abrücken der Bevölkerung von den Banditen festgestellt werden.[4] Die Lage gestaltete sich allmählich so, dass die Bevölkerung zum überwiegenden Teil den Banditen die Unterstützung versagte, von einer abwartenden zu einer betont loyalen Haltung überging und sich darüber hinaus sogar eine Bereitwilligkeit zur aktiven Bandenabwehr bemerkbar machte. Die Parolen »Weg von den Brudermördern«, »Die Befreiungsfront ist nicht anderes als die getarnte KP« fielen Hand in Hand mit den Erfolgen der deutschen Einsatzkräfte auf fruchtbaren Boden. Es kristallisierte sich allmählich sogar die Möglichkeit heraus, mit Unterstützung der deutschen Einsatzkräfte und unter Mitarbeit von Slowenen, in den Reihen der Banditen durch Verteilung von Flugblättern eine Zersetzungspropaganda zu betreiben, die in der Aufforderung an die Banditen zur Rückkehr gipfelte und gleichfalls in der Tat schöne Erfolge zeitigte!

Durch diesen Stimmungsumschwung der Bevölkerung wurde die Exekutive veranlasst, die auf lange Sicht geplanten Strafmassnahmen zu stoppen. Die Schlagkraft der Exekutive wurde für die ausschliessliche Bandenbekämpfung frei, die, besonders in den letzten Wochen, durch das Abrücken der Bevölkerung von den Banditen und die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit, wesentlich begünstigt wurde.

Der haltungsmässjge Umschwung der Bevölkerung bewog ausserdem die politische Führung vorzeitig zur Klärung der Kernfrage: »Sofortige Befriedung oder unverzügliche Eindeutschung?«

Es war zufolge der erzielten positiven Haltung der Bevölkerung möglich, sich für eine sofortige Befriedung nach folgenden Gesichtspunkten zu entscheiden:

  1. Unverzügliche generelle Verleihung der Staatsangehörigkeit auf Widerruf.
  2. Übertragung des Führungsmomentes von der Exekutive auf die Partei.
  3. Aufhebung des Ausnahmezustandes.
  4. Schaffung eines Selbstschutzes aus der Oberkrainer Bevölkerung in den von Banden gefährdeten Gebieten.

Am Sonntag, 27. September 1942 fand zu diesem Zwecke in Krainburg eine Grosskundgebung statt, auf der der Gauleiter und Reichsstatthalter, Dr. Friedrich Rainer an die Bevölkerung Oberkrains eine Proklamation richtete, die für die Zukunft Oberkrains von grundsätzlicher Bedeutung ist. In dieser Proklamation verlieh der Gauleiter und Reichsstatthalter der Oberkrainer Bevölkerung die Staatsangehörigkeit auf Widerruf![5]

Wenn der Kampf gegen die Banditen auch weiterhin in Oberkrain geführt werden muss, so wurde der allen Einsatzkräften gegebene Auftrag mit grossem Erfolg erfüllt. An diesem Erfolg - diese Feststellung ist nicht unbescheiden - hat die im Rahmen der Sonderaktion durchgeführte Propaganda ihr Gut-Teil mitbeigetragen.

Ich habe über meinen eigentlichen Auftrag hinaus meine Aufgabe weiters darin gesehen, dem Gauleiter für die Propagandaarbeit der nächsten Zukunft Kräfte vorzuschlagen, von denen ich mir erhoffe, dass sie in der Verfolgung des von mir eingeschlagenen propagandistischen Weges die nötige Initiative und Schwungkraft aufbringen werden.

Am 30. September habe ich entsprechend der mir gegebenen Weisung die Sonderpropagandaaktion, die auf die Bitte des Gauleiters von anfangs 4 Wochen auf 8 Wochen verlängert wurde, abgeschlossen. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1942 haben Pg. Merklein und ich unseren Dienst in der Reichspropagandaleitung in München wieder aufgenommen.

Heil Hitler!

(Dr. Lapper)[6]
Reichsamtsleiter.

Durchschläge an:

1.) Gauleiter und Reichsstatthalter Dr. Rainer.
2.) Büro Staatssekretär Gutterer.
3.) Abteilung Pro im R. M. f. V. u. Pa

1
AIZDG, RPA Kärnten - Zweigstelle Veldes, Bd. 1, (8 S.).
2
Josef Göbbels.
3
Siehe Dok. Nr. 230, 236 u. 238.
4
Für Äusserungen des Chefs der Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains über die Loyalität der Slowenen siehe Dok. Nr. 267.
5
Siehe Dok. Nr. 263.
6
Dr. Karl Lapper. Über die für die obengenannte Sonderpropagandaaktion in Gorenjsko (Oberkrain) gebrauchte Mittel siehe die Dokumentation im BA Koblenz, RPM, R 35 DC/vorl. 136.

Valid XHTML 1.0 Transitional