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Dokument 316  >

Vorschlag des Gauleiters der NSDAP in Kärnten für die Einführung der deutschen Zivilverwaltung in den Gebieten zwischen Kärnten und Adria[1]

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PA AA Bonn, Staatssekretär, Italien, Bd. 16, 72064-9, (6 S.).
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Franz von Sonnleithner, Vortragender Legationsrat im Ministerbüro des Auswärtigen Amtes in Berlin.
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Für dieses Gebiet befahl Hitler am 10. September 1943 die Errichtung der Operationszone »Adriatisches Küstenland« unter dem Obersten Kommissar Dr. Friedrich Rainer mit dem Sitz in Triest. Siehe Dok. Nr. 317 u. 318.
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Im Zusammenhang mit dem Operationsplan »Achse« für die Besetzung der italienischen Gebiete nahm das Oberkommando der deutschen Wehrmacht einen Partisanenüberfall auf einen deutschen Militärtransport südwestlich von Ljubljana am 24. August 1943 zum Anlass für die Besetzung der Verkehrswege von Ljubljana nach Trst, von Podbrdo nach Gorica und von Tarvis nach Udine durch die verstärkte 71. Inf. Division. Die Besetzung wurde vom 26. bis 31. August 1943 trotz der Proteste der italienischen Militärkommandostellen durchgeführt. Vom 9. bis 14. September 1943 rückten Einheiten der erwähnten Division in die Hauptstädte sämtlicher Provinzen der Operationszone »Adriatisches Küstenland« ein.
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-Generalmajor Wilhelm Raapke. Als Oberbefehlshaber der deutschen Militäreinheiten in Slowenien hat Raapke am 10. September einen Aufruf an die Bevölkerung in slowenischer Sprache veröffentlicht. (Plakat im AIZDG, Smlg. der Druckschriften des deutschen Okkupators.)

Geheim

T e l e g r a m m

aus Klagenfurt Nr. 2366 vom 9. 9. 1943.

Sehr geehrter Herr Reichsminister.

Über Aufforderung durch Herrn Gesandten von Sonnleithner[2] übermittle ich nachstehende Vorschläge über die Gestaltung des gemischtsprachigen nichtitalienischen Gebietes zwischen Kärnten und der Adria:[3]

Die klarste Lösung bei Respektierung des italienischen Nationalgefühles wäre die Wiederherstellung der österreichischitalienischen Grenze von 1914. Diese Grenze verläuft von den karnischen Alpen südlich des Kanaltales zwischen Pontafel und Pontebba hindurch über die Ausläufer der Julischen Alpen westlich des Isonzo und erreicht bei Aquileia die Adria. Die Ostgrenze wäre die alte kroatischkrainische Grenze von der Save südwestlich über den Kamm des Uskokengebirges zum Laut der Kulpa und zur Adria östlich Fiume. Einer Regelung mit Kroatien wäre vorzubehalten die Rückgabe von Susak oder auch die Übergabe von Fiume an den kroatischen Staat, während Kroatien als Gegenleistung das 1941 von Krain abgetrennte Gebiet von Tschernembl (alte deutsche Sprachinsel) dem deutschen Verwaltungsgebiet zurückgibt. Bis zur Grenzregelung mit Kroatien empfehle ich, einfach die bestehende kroatisch--italienische Grenze als Ostgrenze des deutschen Verwaltungsgebietes zu übernehmen. Die Nordgrenze ist die bestehende Reichsgrenze, die Südgrenze die Adria.

Innerhalb dieses Raumes würde das Kanaltal wieder an Kärnten zurückfallen. in ihm wohnen rund 7.000 Volksdeutsche. Die Hauptstadt ist Tarvis. Wichtig ist der Bleibergbau in Raibl. Das Gebiet ist seit heute mittag mit Ausnahme von Raibl durch deutsche Truppen besetzt. Die Volksdeutschen haben die Verwaltung in ihre Hand genommen.

Das übrige deutsche Verwaltungsgebiet zerfällt in folgende drei Teile:

  1. Die Provinz Laibach mit rund 400.000 Einwohnern, lauter Slowenen. Hier würde ich in weiterer Folge die Wiedervereinigung von Ober- Inner- und Unterkrain zu einem deutschen Schutzgebiet Krain vorschlagen.
  2. Die ehemalige Grafschaft Görz und Gradisca mit rund 300.000 Einwohnern und der Hauptstadt Görz, wovon etwa 100.000 Slowenen, etwa 50.000 Italiener und etwa 150.000 Furlaner sind.
  3. Das alte Istrien mit der Hauptstadt Triest mit rund 500.000 Einwohnern, von denen rund 150.000 Slowenen, rund 100.000 Italiener und der Rest Tschitzen und Morlaken mit serbokroatischer Sprache sind.

In diesem ganzen Gebiet wird die italienische Herrschaft von der Bevölkerung scharf abgelehnt. Die Erinnerung an die österreichischungarische Monarchie und an die tausendjährige Reichsverbundenheit ist noch lebendig. Die Italiener sind mit der Widerstandsbewegung nicht fertig geworden. Diese steigerte sich im letzten Jahre zur organisierten Bildung kommunistischer Banden. Die Sprachgrenzen zwischen Slowenen, Furlanern, Italienern und Serbokroaten sind nicht ausgeprägt. Das Mischungsverhältnis ist ortschaftsweise verschieden, das Gebiet ist daher seit dem Zerbrechen der Reichsgewalt dauerndes Unruhegebiet und kann während des Krieges und späterhin nur dann befriedet werden, wenn es unter deutsche Herrschaft kommt. Eine deutsche Herrschaft würde allenthalben auf Ansatzpunkte der österreichischen Tradition stossen. Altösterreichische Beamte, Lehrer und Offiziere aller vier Nationalitäten sind vorhanden und könnten im Rahmen der deutschen Zivilverwaltung zur Mitarbeit herangezogen werden.

Ich schlage vor, für dieses Gebiet deutsche Zivilverwaltung einzurichten und als Chef der Zivilverwaltung den Gauleiter in Kärnten mit dem Sitze in Klagenfurt zu bestimmen. Ich würde dann vorschlagen, das CdZ-Gebiet entsprechend den historischen, geographischen und volkspolitischen Verhältnissen in drei Unterverwaltungsgebiete unterzuteilen und zwar:

Krain mit der Hauptstadt Laibach,
Görz mit der Hauptstadt Görz und
Istrien mit der Hauptstadt Triest

Aufgabe der Zivilverwaltung wäre, die nationalen Verhältnisse zu ordnen und zu beruhigen, den Selbstschutz der Bevölkerung gegen den Bolschewismus zu organisieren und die ganze wirtschaftliche Kraft des Verwaltungsgebietes für den deutschen Endsieg zu mobilisieren. Die Durchführung dieses Programmes erkläre ich für möglich, wenn der Chef der Zivilverwaltung mit entsprechenden Vollmachten durch den Führer ausgestattet wird. Die spätere Gestaltung dieses Gebietes, die Rückgewinnung des germanischen und deutschen Blutes sowie die endgültige Grenzziehung gegenüber Oberitalien kann der Zeit nach dem Kriege vorbehalten bleiben.

Ich rate dringend ab, Militärverwaltung in diesen Gebieten oder in Teilen davon zu errichten, da die schwierige Nationalitätensituation die Führung mit politischen und propagandistischen Mitteln erfordert. Ich rate weiter dringendst ab, das Gebiet in zwei CdZ-Gebiete aufzuteilen, da es zwar in sich verschieden ist und daher mit beweglicher Hand regiert werden muss, aber als Ganzes eine einheitliche, von einer Stelle aus gesteuerte Anwendung der Politik des Reiches erfordert. Die Küstengebiete müssen durch die Wehrmacht in Verbindung mit der Organisation Todt beschleunigt verteidigungsfähig hergerichtet werden. Zum Küstengebiet gehören auch die Inseln des Ouarnero, Veglia, Cherso und Lussin, die auch seinerzeit nicht zu Kroatien gehörten und auch jetzt mit dem CdZ-Gebiet vereinigt bleiben sollen. Die Wiedervereinigung von Oberkrain mit dem übrigen Krain steht nicht im Vordergrund und ist im Augenblick nicht dringend. Ich würde diese Frage zum Gegenstand eingehender Prüfungen und eines gesonderten Vortrages machen. Es schwebt mir allerdings die Bildung der Reichsmarken Krain, Görz und Istrien als Endzustand vor.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich in diesem Zusammenhang, dass auch Friaul nicht italienischer Volksboden ist, sondern bei einer Gesamteinwohnerzahl von rund 700.000 bewohnt ist von etwa 200.000 Slowenen 100.000 Italienern und dem Rest von rund 400.000 Furlanern. Diese sind rassisch und sprachlich von den Italienern verschieden und gehören zu der Gruppe der Alpen- und Rätoromanen, die in der Schweiz Graubünderer, in Tirol Ladiner und in Friaul Furlaner heissen. Die furlanische Sprache und das furlanische Bewusstsein ist erhalten. In der Öffentlichkeit ist die Italienisierung weit fortgeschritten. Der Volksboden der Furlaner ist im Westen begrenzt durch die Liwenza, im Norden durch die Karnische Kette, im Osten durch den Isonzo und im Süden durch die Adria. Der südliche Teil ist mit Italienern, der nordöstliche mit Slowenen durchsetzt. Eine namhafte Autonomiebewegung hat sich seit 25. Juli 1943 geltend gemacht. Die Regierung Badoglio ist mit Verhaftungen dagegen eingeschritten. Viele Bevölkerungskreise erwarten die Aufrichtung der deutschen Verwaltung. Der Faschismus wird von ernst zu nehmenden Leuten abgelehnt. Ob allerdings in diesem Gebiete eine weitere Entwicklung im Sinne des Reiches schon aktuell ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Die Besetzung des Kanaltales ist vollzogen, ebenso der gesamten Provinz Laibach, eines Teiles von Istrien und Görz.[4] Es ist anzunehmen, dass das gesamte Gebiet bis heute Mitternacht in deutscher Hand sein wird. Der die Besetzung durchführende Kommandeur der 71, Division, Generalmajor Raapke ,[5] hat mich heute gebeten, in Laibach einen Teil der Verwaltung provisorisch zu übernehmen und propagandistisch auf die Bevölkerung einzuwirken. Dieser propagandistischpolitische Einsatz ist deshalb so unerhört dringend, weil die Bevölkerung seit langer Zeit unter dem Terror der Kommunisten steht, die sich jetzt natürlich bemühen, ein Chaos zu erzeugen. Da die Division vor allem den Schutz der Adriaküste durchführen soll, bittet mich der General, durch Übernahme der Verantwortung für das ganze Hinterland ihm den Rücken freizumachen. Ich glaube daher, darauf hinweisen zu dürfen, dass die Einsetzung der Zivilverwaltung dringend ist. Ich erhalte weiters Meldung, dass in Krain Lebensmittelvorräte nur bis zum 20. vorhanden sind. Es müssen daher ungesäumt Massnahmen zur Versorgung der Bevölkerung eingeleitet werden. Die vorhandenen Lebensmittel- und Warenvorräte sind über meine Weisung bereits sichergestellt.

Ich stehe zu weiteren Ergänzungen jederzeit zur Verfügung. Ebenso kann ich Kartenmaterial sofort in Marsch setzen.

Heil Hitler!

gez. Rainer
Gauleiter und Reichsstatthalter
in Kärnten

1
PA AA Bonn, Staatssekretär, Italien, Bd. 16, 72064-9, (6 S.).
2
Franz von Sonnleithner, Vortragender Legationsrat im Ministerbüro des Auswärtigen Amtes in Berlin.
3
Für dieses Gebiet befahl Hitler am 10. September 1943 die Errichtung der Operationszone »Adriatisches Küstenland« unter dem Obersten Kommissar Dr. Friedrich Rainer mit dem Sitz in Triest. Siehe Dok. Nr. 317 u. 318.
4
Im Zusammenhang mit dem Operationsplan »Achse« für die Besetzung der italienischen Gebiete nahm das Oberkommando der deutschen Wehrmacht einen Partisanenüberfall auf einen deutschen Militärtransport südwestlich von Ljubljana am 24. August 1943 zum Anlass für die Besetzung der Verkehrswege von Ljubljana nach Trst, von Podbrdo nach Gorica und von Tarvis nach Udine durch die verstärkte 71. Inf. Division. Die Besetzung wurde vom 26. bis 31. August 1943 trotz der Proteste der italienischen Militärkommandostellen durchgeführt. Vom 9. bis 14. September 1943 rückten Einheiten der erwähnten Division in die Hauptstädte sämtlicher Provinzen der Operationszone »Adriatisches Küstenland« ein.
5
-Generalmajor Wilhelm Raapke. Als Oberbefehlshaber der deutschen Militäreinheiten in Slowenien hat Raapke am 10. September einen Aufruf an die Bevölkerung in slowenischer Sprache veröffentlicht. (Plakat im AIZDG, Smlg. der Druckschriften des deutschen Okkupators.)

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