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Dokument 206  >

Aktenvermerk des Generaltreuhänders für die Sicherstellung der Kulturgüter über die Tätigkeit in der Untersteiermark[1]

1
BA Koblenz, Das Ahnenerbe, NS 21/vorl. 74, (2 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 150 u. 173.
3
Johannes W. Dettenberg.
4
Paraphe von Dr. Alfred Kraut, dem Referenten für die Sicherstellung der Kulturgüter in der Reichsgeschäftsführung der Forschungs- und Lehrgemeinschaft »Das Ahnenerbe« in Berlin.

A k t e n v e r m e r k

betr. Tätigkeit des Generaltreuhänders in der Untersteiermark.[2]

In der Frage, ob der Einsatz in der Untersteiermark zur Zeit unerlässlich sei oder nicht, wurde in einer Aussprache mit SS-U`Stuf. Dettenberg,[3] dem Beauftragten für die Untersteiermark, am 20. 2. 42. folgendes festgestellt:

Die am 5. 11.41. begonnene und gegenwärtig in vollem Gang befindliche Erfassungstätigkeit befasst sich mit vier Hauptaufgaben:

    1. Erfassung von Kunst- und Kulturgegenständen der freien und angewandten bildenden Kunst (Plastiken, Gemälde usw.)
    2. Erfassung von Gegenständen des Kunsthandwerks (antike, wertvolle Möbel, Orientteppiche, ferner wertvolle Kultgeräte und Paramente aus aufgelösten Klöstern und Klosterkirchen usw.)
    3. Erfassung von Gegenständen der Volkskunst und des Handwerkes mit volkskundlichem Charakter (Hausgeräte, Trachten, Keramik, Model, Bauernmalerei usw.)
    4. Erfassung von Gegenständen der Vorgeschichte.
  1. Sicherstellung allen Schrifttums, von Bibliotheken, allen archivalischen und chronikalischen Materials, insbesondere von Kirchenchroniken, welche früher nur Angehörigen der Geistlichkeit zu Forschungen zugänglich waren.
  2. Überführung sämtlicher Matriken und Kirchenbücher aus den Pfarreien in die Gemeindeämter als notwendige Vorarbeit zur geplanten Errichtung von Gau- und Kreissippenämtern.
  3. Sicherstellung von slowenischen Kunst- und Kulturgütern zum Zwecke des Austausches und der Kompensation gegen deutsches Kulturgut aus der Steiermark, welches sich in den durch Italien besetzten Gebieten, vor allem in Gottschee befindet.

Dass es sich hierbei um eine kriegsbedingte Tätigkeit handelt, geht aus folgendem hervor:

  1. Durch Umtriebe bewaffneter kommunistischer und nationalslowenischer Banden und die noch unzuverlässige Haltung der Umbewohner ist das bis jetzt meist noch herrenlos umherliegende Kulturgut sehr gefährdet. Jeder ungenützte Tag bedeutet einen Verlust an zum Teil unersetzlichem Kulturgut.
  2. Diebstähle und Verschiebungen von Kulturgut sind nicht selten. So wurde bei der Besichtigung der Schatzkammer in Frattmannsdorf (oberes Sanntal) am 8. 2. 42 festgestellt, dass ausser 13 Paramenten (unter ihnen solche, die von Maria Theresia handgestickt waren) der gesamte Goldschatz mit einmaligen Goldschmiedearbeiten nicht mehr vorhanden war. Aufgenommene Ermittlungen lassen darauf schliessen, dass der grösste Teil wieder herbeizuschaffen werden kann.
  3. Bei der im Gang befindlichen Eindeutschungsmassnahmen in der Untersteiermark leistet der Generaltreuhänder durch Zusammentragen des allenthalb zerstreut liegenden Schrifttums und durch Säuberung des Schrifttums von slowenischen Texten, reichsfeindlichen Schriften usw. eine Mitarbeit, für deren systematische Durchführung andere Stellen nicht vorhanden sind.
  4. Die Sicherstellung der Kirchenbücher, insbesondere der älteren, ist für den Eindeutschungsprozess (Ahnennachweis durch Sippenämter) gleichfalls von Bedeutung.
  5. Im Zusammenarbeit mit der Deutschen Kulturkommission in Gottschee übernimmt der Generaltreuhänder die von der Deutschen Kulturkommission - die an kurzbefristete Termine gebunden ist - freigestellten Kulturgüter aus Gottschee in die Untersteiermark und beschafft dafür Unterbringungsmöglichkeiten mit fachgemässer Einlagerung der Sammlungen deutscher Umsiedler.
  6. Zur Zeit schweben Verhandlungen wegen Rückgabe steiermärkischer Kunstwerke, welche sich auf italienischem Boden, vor allem in der Nationalgalerie zu Laibach befinden. Hierbei leistet der Generaltreuhänder durch Erfassung slowenischer Kunstgegenstände und Sammlungen, die als Austauschobjekte dienen können, wertvolle Hilfe, denn erst durch Beschaffung von Austauschobjekten ist eine Möglichkeit gegeben, die auf Grund der vom Landeskonservator für die Steiermark, Dr. von Semetkowski aufgestellten Rückforderungsliste an das Laibacher Museum erhobenen Rückgabeansprüche durchzusetzen.

Alle oben angeführten Punkte lassen erkennen, dass es sich bei der Tätigkeit des Generaltreuhänders in der Untersteiermark um eine Tätigkeit handelt, welche mit dem Aufbau und der Festigung auf das engste verbunden ist und den Charakter der Vordringlichkeit besitzt, da sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durchgeführt werden könnte.

Eine Unterbrechung der Erfassungstätigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt ist auch deshalb von der Hand zu weisen, da sie ohnehin Ende April, spätestens Ende Mai 1942 beendet sein dürfte und weil sie von nur zwei Mitarbeitern bewältigt wird.

Berlin-Dahlem, den 3. 3. 42.

Kt[4]
SS-Obersturmführer

1
BA Koblenz, Das Ahnenerbe, NS 21/vorl. 74, (2 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 150 u. 173.
3
Johannes W. Dettenberg.
4
Paraphe von Dr. Alfred Kraut, dem Referenten für die Sicherstellung der Kulturgüter in der Reichsgeschäftsführung der Forschungs- und Lehrgemeinschaft »Das Ahnenerbe« in Berlin.

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