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Aufsatz von Siegfried Treml »Pflege deutschen Geistes und Wesens«[1]

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Marburger Zeitung 10./11. 4. 1943.
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Das war Siegfried Treml.

Pflege deutschen Geistes und Wesens

Die Erfolge der zweijährigen Tätigkeit des Steirischen Heimatbundes

Von Ing. Siegfried Treml

Das geistige und kulturelle Antlitz eines Landes und seiner Bevölkerung kann niemals durch äussere Massnahmen allein gewandelt oder gar restlos verdeckt werden. Wohl ist es möglich, dass durch Anwendung polizeilicher und politischer Gewaltmethoden eine oberflächliche Tünche geschaffen wird, die je nach der Dauer und der Intensität dieser Methoden stärker oder schwächer ist, aber das innere Wesen der Menschen wird dadurch nicht ohne weiteres geändert. Die 23 jährige Fremdherrschaft, welche der untersteirischen Bevölkerung aufgezwungen wurde, ist hiefür ein schlagender Beweis. Wie sehr haben sich in diesen langen Jahren die Emissäre aus Belgrad und Laibach mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln bemüht, den deutschen Charakter dieses Landes zu verwischen und ein nichtdeutsches kulturelles Eigenleben vorzutäuschen. Der Erfolg blieb aus, nicht nur weil die kulturelle Tätigkeit dieser Zeit erfüllt war von dem tagespolitischen Gedanken der verschiedenen Parteien und Gruppen, sondern weil sie allein als ein gegen alles Deutsche gerichtetes Kampfmittel gedacht war und dabei die historische und rassische Tatsache der Zugehörigkeit der Untersteiermark zum deutschen Kultur- und Lebenskreis einfach negieren wollte.

Diese Absicht zeigt sich - um nur ein Beispiel herauszugreifen -, wenn man die Spielplan-Vorschau für das letzte Spieljahr 1940/41 des damaligen Marburger Theaters ansieht. Von 21 geplanten Schauspielen wurden lediglich vier als von deutschen Autoren stammend bezeichnet, wobei es sich aber wegen teilweiser jüdischer Abstammung tatsächlich um noch weniger handelte.

Ein weiteres Beispiel ist Beweis dafür, wie eine fremde Tünche mit einem Schlage beseitigt werden konnte. Das vor allem im Serbischen beheimatete Tamburizza-Instrument hatte man versucht auch dem Untersteirer - als angeblich zu ihm gehörig - aufzudrängen. Er hat es immer nur als Fremdkörper empfunden und daher die Ausschaltung dieses Instrumentes nach dem April 1941 nur begrüsst.

Wohl konnte man den deutschen Schulunterricht beseitigen, die deutsche Sprache mit brutaler Gewalt unterdrücken und deutsche Veranstaltungen unmöglich machen, aber das innere Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland wurde im Laufe der Jahre eher stärker als schwächer.

Wer heute eine der 386 Volks- oder Hauptschulen besucht, in denen einschliesslich der beiden weiteren bestehenden Hilfsschulen insgesamt rund 91 000 Schüler und Schülerinnen unterrichtet werden, wird mit Staunen sehen, dass gegenüber dem Schulbetrieb im Reiche ein Unterschied überhaupt kaum mehr festzustellen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei Beginn der deutschen Schultätigkeit im Mai 1941 nicht einmal ein Prozent der Schüler die deutsche Sprache beherrschten.

In den sechs Oberschulen mit 48 Klassen und 1637 Schülern und Schülerinnen gelang es durch unermüdliche Arbeit der Lehrkräfte sehr rasch ebenfalls den Angleich an die Höheren Schulen des Altreiches zu finden. Dem Erziehernachwuchs dienen die eine Lehrerinnen- und die zwei Lehrerbildungsanstalten in Marburg, die in 26 Klassen 756 Zöglinge vereinigen. Eine nationalpolitische Erziehungsanstalt hat in dem schönen Schloss Mokritz Unterkommen gefunden.

Ständig verbessert und weiter ausgebaut wurde das Berufs- und Fachschulwesen. Neben der Weiterführung der früheren Handelsakademie als Wirtschaftsoberschule mit angeschlossener zweijähriger staatlicher Wirtschaftsschule in Marburg und der Wirtschaftsschule in Cilli steht die Neuerrichtung der Wirtschaftsschulen in Pettau, Oberradkersburg und Trifail. Fünfzehn gewerbliche Berufsschulen sind neben der Weiterführung der Berufsfachschule für Korbflechter seit Herbst 1941 neu errichtet worden, an denen 7159 Schüler ihre Ausbildung erfahren. Sechs Berufsfachschulen der Landwirtschaft, des Wein- und Obstbaues beherbergen weitere 434 Schüler. In fast allen ländlichen Schulorten unterrichten die Lehrer der Volks- und Hauptschulen auch an landwirtschaftlichen Berufsschulen mit insgesamt über 11 000 Schü-lern. In dem vergangenen Winter sind erstmalig sieben landwirtschaftliche Berufsschulen mit Heimerziehung mit sehr gutem Erfolg zum Abschluss gekommen.

Hinter all diesen Ergebnissen steht die unermüdliche und freudige Einsatzbereitschaft der in der Untersteiermark tätigen Lehrer und Lehrerinnen. Dabei erfüllen sie nicht nur ihre Pflicht im ohnehin schon sehr anstrengendem Schulbetrieb, sondern arbeiten als Führer und Führerinnen der »Deutschen Jugend«, als Amtsträger des Steirischen Heimatbundes usw. mit. Darüber hinaus sind sie Hauptträger des gesamten in der Untersteiermark durchgeführten Sprachkursprogramms. Die Tatsache, dass von den Schülern im Mai 1941 kein ganzes Prozent die deutsche Sprache beherrschte, während nach der Bevölkerungsbestandsaufnahme vom 29. November 1942 bereits wieder 41,1% der Bevölkerung der deutschen Sprache im Worte mächtig sind, ist nicht zuletzt mit ein Erfolg der Schule und ihrer Lehrer.

Die Mitwirkung und der Anteil am kulturellen Leben kommt darüber hinaus besonders bei der Betrachtung des Musikschulwerkes in der Untersteiermark zum Ausdruck. Nach dem bisherigen Ausbau erhalten heute über 1900 Schüler in fünf Kreis- und sieben Ortsmusikschulen ihre musikalische Ausbildung. Die haupt- und ehrenamtlichen Lehrkräfte der Musikschulen sind weiter wertvollste Mittelpunkte für das musikalische Leben, das in den vergangenen zwei Jahren in einer grossen Anzahl von Konzerten und sonstigen musikalischen Einsätzen seinen Niederschlag gefunden hat.

Ausgehend von der Überlegung, dass die untersteirische Bevölkerung überaus spiel- und sangesfreudig ist, wurde nach den organisch gewachsenen Anfängen die Parole der Schaffung von volkskulturellen Gemeinschaften ausgegeben, die ihre Zusammenfassung im »Volkskulturwerk des Steirischen Heimatbundes« fanden.

Heute sind bereits 230 volkskulturelle Gemeinschaften tätig. Davon 100 Musik- und 68 Singgemeinschaften, 32 Laienspiel- und 14 Puppenspielbühnen und 16 Volkstanzgruppen. Eine Fülle von eigenen Veranstaltungen, die Mitwirkung bei Veranstaltungen für das Winterhilfswerk und die Ausgestaltung unserer Feste und Feiern im Jahresablauf zeugt von der Freude aller Beteiligten, sich so aktiv kulturell betätigen zu können.

Unabhängig davon hat die »Deutsche Jugend« ihre kulturellen Sondereinheiten und zwar 36 Fanfarenzüge, fünf Spielmannszüge, zwei Bannorchester, 48 Singscharen, zwei Dorfabendgruppen, eine Puppen- und drei Laienspielgruppen in der »kulturellen Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Jugend« zusammengefasst.

Einen wesentlichen Bestandteil des kulturellen Lebens - hauptsächlich in den grösseren Orten - stellen die vom Amt Volkbildung durchgeführten Veranstaltungen vor allem mit auswärtigen Kräften dar. Eine besondere Vertiefung erfährt diese Arbeit durch die Tätigkeit der Volkbildungsstätten in den Kreisstädten mit ausgewählten Vorträgen und den verschiedensten Arbeitsgemeinschaften. Insgesamt wurden vom Amt Volkbildung in diesen zwei Jahren 1514 Veranstaltungen mit 451 809 Besuchern durchgeführt. In Marburg allein sind davon beispielsweise 43 Konzerte mit rund 32 000 Besuchern zu verzeichnen.

Das Interesse am deutschen Schrifttum hat seit den Apriltagen 1941 ständig zugenommen, so dass versucht werden musste, diesem Umstand soweit als möglich Rechnung zu tragen. Dies geschah vor allem durch die Errichtung von Volksbüchereien in allen Orten der Untersteiermark. Bisher konnten so zur allgemeinen Benützung in 229 Büchereien 39 000 Bände besten deutschen Schrifttums bereitgestellt werden, wobei die Stadtbüchereien in Marburg, Cilli und Pettau noch nicht mitgezählt sind.

Da die Buchhandlungen und Buchverkaufsstellen - wofür lediglich in den Kreisstädten Voraussetzungen bestehen - dem allgemeinen Bedarf nicht entsprachen, wurden erstmalig sogenannte Buchvermittlungsstellen geschaffen. Es sind dies geeignete Geschäfte, die zusätzlich Bücher führen, deren Auswahl von einer Buchhandlung getroffen und zur Verfügung gestellt wird. Neben den zehn Vollbuchhandlungen und Buchverkaufsstellen stehen heute in der Untersteiermark bereits 22 Buchvermittlungsstellen zur Verfügung.

Die Maler und Bildhauer der Untersteiermark sind mehrfach in Ausstellungen hervorgetreten. Nach den erfolgreichen Gesamtausstellungen des Jahres 1941 in Marburg war besonders beachtenswert die Teilnahme an einer Ausstellung der Kameradschaft steirischer Künstler und Kunstfreunde in Graz, die den Untersteirern schöne Erfolge brachte. Anlässlich der im Jahre 1942 durchführten Kreistage fanden in leder Kreisstadt Kunstausstellungen statt. War es in Luttenberg, Trifail und Windischfeistritz eine ausgewählte Schau von Albrecht-Dürer-Drucken, so sind die Ausstellungen in Marburg, Cilli, Rann und Pettau von sämtlichen untersteirischen Künstlern, unter besonderer Herausstellung der kreiseigenen gestaltet worden. Sowohl die Besucherzahlen als auch die Verkaufsergebnisse liessen die grosse Anteilnahme weiter Bevölkerungskreise erkennen.

Zur praktischen Durchführung der Ausstellungen, wertvollen und besonderen kulturellen Abenden usw. und vor allem zum Zwecke der gegenseitigen Fühlungnahme sind die Kulturschaffenden in einer Zweigstelle der Kameradschaft steirischer Künstler und Kunstfreunde zusammengeschlossen. Die bereits oben erwähnten Kunstausstellungen sowie einige sehr gediegene Abende wurden von der Kameradschaft getragen.

Eine besondere Stelle nimmt im gesamten kulturellen Rahmen das Stadttheater Marburg ein. Nach der letzten deutschen Vorstellung am 28. Mai 1919 war durch 22 Jahre dieses von deutschen Bürgern geschaffene Theater deutschem Theaterleben verschlossen. Aber bereits vier Wochen nach der Befreiung fand das erste Gastspiel der Grazer Oper mit »Freischütz« am 14. Mai 1941 in Marburg statt, dem weitere auch des Steirischen Landestheaters folgten.

In der Spielzeit 1941/42 hatte Marburg wieder sein ständiges Theater mit Opern- und Operettenensemble, das in der jetzt lautenden Spielzeit durch ein eigenes Schauspielensemble ergänzt wurde. Ein abwechslungsreicher Spielplan, der durch Sinfoniekonzerte des Orchesters ergänzt wird, bietet nun auch den Marburgern die Möglichkeit des ständigen Theaterbesuches. In der laufenden Spielzeit kamen dazu noch Gastspiele in Pettau. Das übrige Unterland wird in der Verbindung mit dem Amt Volkbildung vom Steirischen Landestheater und der Steirischen Volksbühne bespielt.

Wenn auch mehr der Unterhaltung dienend, sind die Kinos in diesem Zusammenhang doch mit zu erwähnen. Auch hier konnte weiter ausgebaut werden. Dieser allgemeine Überblick über das kulturelle Leben in der Untersteiermark möge in jedem Leser die Erkenntnis festigen, dass hier in systematischer Aufbauarbeit fremde Tünche beseitigt und deutscher Kultur auf allen Sektoren der Weg frei gemacht wurde. Der schönste Gewinn hiebei ist das freudige Mitgehen der gesamten Bevölkerung. Das deutsche Lied ertönt heute bereits im letzten Dorf, von jung und alt gesungen.

Es würde zu weit führen, die viele Kleinarbeit auch nur zu streifen, die auf allen sonstigen Gebieten laufend geleistet wird. Das Streben nach schöner, unserer inneren sauberen Haltung entsprechender Form finden wir überall, so auch in den Kindergärten, den Heimen der Jugend, den Dienststellen des Steirischen Heimatbundes, den Standesämtern und auch auf unseren Plakaten und Urkunden verwirklicht.

Die zentrale Lenkung der kulturellen Arbeit durch das Kulturamt im Führungsamt II sowie die Personalunion des Leiters des Führungsamtes II mit dem Beauftragten für Volksaufklärung und Propaganda beim Chef der Zivilverwaltung[2] gibt die Gewähr für einen zweckentsprechenden Einsatz aller geeigneten Kräfte im Interesse der Gesamtheit, ohne dass dabei die persönliche Initiative gehemmt wird.

Dass im Rosegger-Jahr der kulturellen Arbeit auch in der Untersteiermark ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet und eine ganze Reihe von Veranstaltungen dem grossen Deutschen aus der Steiermark gewidmet sind, ist selbstverständlich.

Der Weg für die Zukunft ist klar abgezeichnet. Als Teil unserer grünen Steiermark wollen wir in der Untersteiermark kulturelle Arbeit als hohe Verpflichtung der Pflege deutschen Geistes und deutschen Wesens auffassen. Neben der Betreuung aller irgendwie beruflich kulturell und künstlerisch Tätigen muss dabei unsere warme Förderung all jenen Kräften gehören, die im Volkskulturwerk und den kulturellen Einheiten der deutschen Jugend auf breitester Basis ihre Freizeit, ihre Liebe und ihr Können der Mitarbeit an den hohen Werten deutscher Volkskultur leihen.

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Marburger Zeitung 10./11. 4. 1943.
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Das war Siegfried Treml.

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